November 2024: Trauer. Schmerz. Leere

Jeden Monat schreibe ich meinen Monatsrückblick. Oft voller schöner Erlebnisse, gespickt mit positiven Gedanken, kleinen Momenten des Glücks und Plänen für die Zukunft. Ein Stück Lebensfreude, das ich mit euch teile.

Doch dieser Monat ist anders. Und deshalb gebe ich dir vorab eine Warnung: Wenn du auf das gewohnte Feuerwerk der Freude hoffst, das ich sonst mit meinen Worten entfachen möchte – dann lies nicht weiter.

Dieser November 2024 ist anders.
So anders, dass ich kaum weiß, wie ich es in Worte fassen soll. Und doch will ich es versuchen.

Lange habe ich überlegt

Was soll ich schreiben? Wie schreibe ich es? Schreibe ich überhaupt darüber?
Doch es hätte sich wie Verrat angefühlt, zu schweigen. Ich habe euch immer an den schönen Momenten mit meiner Mama teilhaben lassen. Und nun diesem – für mich so einschneidenden Ereignis – nur einen kleinen Absatz in meinem November-Rückblick zu widmen? Auch das fühlte sich nicht richtig an.

Deshalb habe ich mich entschieden, dass es diesen Monat – dieses eine Mal – einen anderen Rückblick geben wird.

Einen sehr einseitigen.
Einen sehr emotionalen.
Einen sehr traurigen.

Im Oktober war noch alles „in Ordnung“

In meinem Oktoberrückblick habe ich euch noch von unserem gemeinsamen Urlaub erzählt. Meine beiden Schwestern und ich waren mit unserer Mama in der Nähe von Koblenz – ein Kurzurlaub, um ihren 85. Geburtstag zu feiern.

Es waren wunderbare Tage, voller schöner Momente, die wir gemeinsam genossen haben. Viel zu kurz, um all das zu tun, was wir uns vorgenommen hatten. Doch sie waren erfüllt von Freude, Lachen und Erinnerungen, die ich für immer bewahren werde.

Mein letzter Cappuccino mit Mama

Hätte ich diesen letzten Cappuccino bei ihr zu Hause, in ihrer Küche sitzend, anders genossen, wenn ich es gewusst hätte?

Wäre ich dann so einfach gegangen?
Hätte ich versucht, diesen letzten „normalen“ Moment mit ihr festzuhalten?

Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es manchmal besser, nicht zu wissen, dass es das letzte Mal ist.

An jenem Montag saßen Mama und ich ganz „normal“ in ihrer Küche – so, wie wir es fast jeden Montag taten. Wir erzählten uns von der vergangenen Woche, wie es uns ging. Dass es ihr von Woche zu Woche schlechter ging, versuchte ich zu verdrängen. Aber es war sichtbar. Im Rückblick noch viel deutlicher.

Wir lachten. Wir tranken Cappuccino – diesen Cappuccino, den ich nur bei meiner Mama trank.

Danach war alles anders.

Krankenhaus, Krankenhaus und nochmal Krankenhaus

Am nächsten Tag rief meine Schwester an. Mama war im Krankenhaus.

Nichts Ungewöhnliches … das hatten wir schon öfter. Letztes Jahr um diese Zeit sogar über fast drei Monate hinweg.

Als ich sie besuchte, waren wir dennoch zuversichtlich. Die Ärzte wollten nur ein paar Untersuchungen machen, dann – so dachten wir – könne sie wieder nach Hause.

Wie sehr wir uns doch geirrt hatten …

Fast vier Wochen

Vier Wochen lang hat sie gekämpft. Sie wollte so sehr wieder nach Hause – zu ihrer Katze, in ihre Wohnung. Mama hatte noch so viele Pläne. Wir hatten schon über Weihnachten gesprochen und den Weihnachtsmarkt in Grettstadt, wo meine Schwestern jedes Jahr mit ihr zusammen ausstellten.

Die Details möchte ich dir – und vor allem mir – ersparen. Es waren Wochen voller Hoffnung und Verzweiflung. Aber auch Wochen voller Dankbarkeit dafür, dass ich diese Zeit mit ihr verbringen durfte.

Am 16. November 2024 ist meine Mama gestorben.

Seitdem ist nichts mehr, wie es einmal war.

Ich vermisse dich so sehr, Mama!

Wie soll es weitergehen?

An manchen Tagen glaube ich fast, ich könnte „einfach so“ weitermachen. Ohne Trauer, ohne Wehmut … ohne Schmerz.

Aber dann kommt er wieder. Wie eine Welle, die alles mit sich reißt – all die Ablenkung, all die kleinen Momente, die für einen Augenblick so normal schienen.

Wie soll ich denn ohne meine Mama weiterleben?

Nie mehr ihre Stimme hören, nie mehr ihr Gesicht sehen, nie mehr ihr Lachen?

Das fühlt sich unmöglich an.

9 Kommentare zu „November 2024: Trauer. Schmerz. Leere“

  1. Pingback: KW49/2024: Alle TCS-Blogartikel - The Content Society

  2. Mein herzliches Beileid, liebe Birgit, mein Vater ging am 17. November von uns. Volker Kitz schreibt in seinem Buch „Alte Eltern – Über das Kümmern und die Zeit, die uns bleibt“ über diese letzten Momente, die man erst im Nachhinein entdeckt.

    Über Monate hatten wir beobachtet, wie die Körperkraft meines Vaters nachließ, auch wenn sein Lebenswille ungebrochen war. Wie er immer öfter in seinem Sessel saß wie ein Buddha (was ich schon als „ich guck mal rüber auf die andere Seite interpretierte“). Und dann verließ ihn seine Kraft innerhalb von zwei Tagen völlig und ich hatte das Glück und die Ehre, genau zu dem Zeitpunkt anzureisen, um ihn in den letzten Stunden begleiten zu dürfen und in den darauffolgenden Tagen für meine schon etwas demente Mutter dazu zu sein.

    Meine allergrößte Sorge gilt jetzt meiner Mutter und ich denke, wenn die Mama stirbt ist es nochmal was ganz anders. Mich packte, als ich nach einer Woche wieder zurück in München war, das heulende Elend. Ich wünsche Dir ganz viel Kraft für die Zeit des Trauerns.

    Liebe Grüße,
    Marita

    1. Hallo Marita,
      herzlichen Dank für deinen Kommentar.
      Ja, dieser letzte Cappuccino bleibt mir wohl ein Leben lang im Gedächtnis. Irgendwie schon komisch … die hundert anderen Cappuccinos … sind vergessen.

      Dieses über Monate beobachten, dass es nachlässt, hatte ich auch – aber irgendwie habe ich das gut verdrängt. Ich wollte es nicht wahrhaben, dass meine Mama sterben könnte. Meine Mama doch nicht!

      Ob es was anderes ist, wenn Vater oder Mutter stirbt? Kann ich dir so nicht beantworten – mein Vater kam bei einem Verkehrsunfall um. Unerwartet – ich gerade 17 Jahre alt. Das war hart. Viel härter als jetzt der Tot meiner Mama.

      Vermissen tu ich beide. Immer noch. Auch wenn Papa schon über 30 Jahre tot ist.

      Liebe Grüße

      Birgit

  3. Liebe Birgit,

    das wird sicherlich ein ganz anderes Weihnachten für euch dieses Jahr – Trauer dauert einfach, die ist nicht nach ein paar Wochen vorbei. Ich kann es ein bisschen nachvollziehen, ich habe ein paar Jahre gebraucht, um den Tod meiner Schwester (mit 59…) zu verarbeiten.
    Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft und Energie.

    Der Artikel ist so schön einfühlsam geschrieben (mit dem Cappucino!) und du hast die Balance zwischen persönlich und privat genau getroffen. Jeder findet sich in deinen Worten wieder.

    Alles Liebe, Beate

    1. Liebe Beate,
      danke für deine lieben Worte.
      Ich habe schon immer die Monatsrückblicke mehr für mich als für meine lieben Blogleser geschrieben. Aber gerade bei diesem einen Rückblick merke ich, dass ich ihn regelmäßig durchlese. In der Hoffnung die Zeit nochmal zurückzuholen. Den Cappuccino nochmal zu schmecken – das Lächeln meiner Mama nochmal kurz zu sehen.

      Der Tod ist schwer zu verstehen – akzeptieren kann ich ihn immer noch nicht.

      Irgendwie hoffe ich (jeder Logik zu Trotz), dass Mama plötzlich wieder in der Türe steht.

      Alles Liebe
      Birgit

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